Gudrun Pennitz: Geben wir den Kindern eine Chance!

Was bei PIRLS 2016 gewonnen worden war, ist wieder verloren gegangen. Österreichs 10-Jährige erzielten bei der jüngsten Lesestudie PIRLS 2021, an der sich 65 Länder – darunter 23 EU-Länder – beteiligten, 530 Punkte und landeten damit im EU-Durchschnitt, was von den Medien wohlwollend kommentiert wurde. Doch 20 % unserer Viertklässler gelten als „schwache“ Leser:innen, verfügen also höchstens über Grundkenntnisse im Lesen. Das ist alles andere als zufriedenstellend, es ist alarmierend. Vor allem Kinder aus bildungsfernen Familien und solchen, deren Umgangssprache nicht Deutsch ist, tun sich mit dem Lesen sehr schwer, was sich, wie wir seit Jahrzehnten wissen, negativ auf den weiteren Bildungsverlauf auswirkt.

Kinder mit Migrationshintergrund weisen in Österreich eine wesentlich schwächere Lesekompetenz auf als Kinder ohne Migrationshintergrund. Bei PIRLS 2021 beträgt dieser Leistungsunterschied 52 Punkte. Der Lese-Mittelwert der Kinder mit Migrationshintergrund war allerdings noch bei keiner Erhebung so niedrig wie im Jahr 2021.“ (1) Dieser Befund wird doch endlich den Handlungsbedarf erkennen lassen!

Es wäre immens wichtig, bereits im frühkindlichen Alter anzusetzen. Denn dort entstehen die Entwicklungsrückstände der Kinder, deren Eltern sie nicht von klein auf entsprechend fördern, weil sie es nicht können oder aus welchen Gründen immer. Zu Schulbeginn ist es meist zu spät, um diesen Kindern zu fairen Chancen zu verhelfen.

Dänemark zeigt vor, wie es gehen könnte. Dort schaut man nicht weg, sondern identifiziert rechtzeitig vor Schulbeginn sprachliche Defizite durch routinemäßige Sprachstandsfeststellungen bei allen Dreijährigen. Werden Entwicklungsdefizite festgestellt, bekommen die Kleinen verpflichtend 30 Stunden pro Woche spielerischen Sprachunterricht, damit ihnen bei Schuleintritt Benachteiligungen durch sprachliche Hürden erspart bleiben. (2) Das kostet allerdings Geld. Viel Geld. Und politischen Mut …

(1) https://www.iqs.gv.at/pirls-2021

(2) Vgl. OECD (Hrsg.), Young People with Migrant Parents (2021), S. 17f.

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