Herbert Weiß: Ich hatte einen Traum

Ich habe des Nachts von einem Bildungsminister geträumt, der der Expertise der Standesvertretung mehr vertraut als den potemkinschen Dörfern, die ihm vielerorts vorgesetzt werden.

Geträumt habe ich auch von einem Sektionschef und einer Qualitätsmanagerin, die in einem Misch-Cluster im Teamteaching Kinder von der Volksschule bis zur Oberstufe kompetenzorientiert unterrichten.

Geträumt habe ich von einem „Bildungsexperten“, der nicht nur „schlaue“ Bücher schreibt, sondern tatsächlich eigene Unterrichtserfahrung sammelt.

Geträumt habe ich auch von Beamt:innen aus Bildungsdirektionen und Bildungsministerium, die die Schulen beim Erheben der Daten und deren Verarbeitung aktiv unterstützen, die von ihnen initiiert werden.

Geträumt habe ich von Mitarbeiter:innen des Bildungsministeriums, die die Aktentürme auf ihren Schreibtischen gegen die Türme von Schularbeits- und Hausübungsheften der Lehrer:innen tauschen und dabei bemerken, dass sie für die Korrektur von Hausübungen und Schularbeiten genau so viel Zeit brauchen, wie für die Bearbeitung der für sie lästigen Anfragen aus den Schulen.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich alles, was ich geträumt habe, den Schulen, insbesondere unseren Schüler:innen, wirklich wünschen soll.

Würden aber alle Mitarbeiter:innen der Bildungsdirektionen und des Bildungsministeriums wenigstens einige Stunden pro Woche selbst unterrichten, könnten sie als neue Kategorie von Quereinsteiger:innen helfen, den von der Politik verursachten Mangel an Lehrpersonen ein wenig zu verringern. Noch wichtiger erschiene mir aber, dass sie durch ihre Tätigkeit an den Schulen mehr Bodenhaftung bekämen und einige ihrer Hirngespinste auch selbst als solche erkennen.

Sollte sich aber, was natürlich mehr als unwahrscheinlich ist, bei einigen von ihnen herausstellen, dass sie für die Arbeit an der Schule wenig oder gar nicht geeignet sind, könnten wir alle davon trotzdem profitieren. Denn wer als Lehrer:in scheitert, sollte Lehrer:innen nicht länger mit Vorgaben für deren berufliches Wirken „beglücken“.

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5 Gedanken zu “Herbert Weiß: Ich hatte einen Traum

  1. Ad: Denn wer als Lehrer:in scheitert, sollte Lehrer:innen nicht länger mit Vorgaben für deren berufliches Wirken „beglücken“.

    He who knows, does.
    He who doesn’t, teaches.
    He who can’t teach, teaches teachers.

  2. Sehr wahr!!!

    Und immer noch zitiere ich gern aus der früheren Zeitschrift „ahaS“ die Antwort eines 16-jährigen Schülers auf die Frage „Was würden Sie tun, wenn Sie einen Tag Unterrichtsminister (damals wurde noch nicht gegendert…) wären?“: „Ich würde ein Gesetz verabschieden mit dem Inhalt, dass jeder, der Unterrichtsminister wird, zuerst 15 Jahre unterrichtet haben muss – und dann zurücktreten!“ Noch immer bin ich begeistert von der Klugheit und Weitsicht eines 16-jährigen….

    Traude Handler (seit zwölf Jahren im Ruhestand) ________________________________

  3. Sehr geehrter Herr Professor Dr. Weiß!

    In meiner 23 jährigen Tätigkeit als Amtsdirektor des LSR für NÖ habe ich viele Ihrer Stellungnahmen gelesen und sehr oft Ihre Meinung geteilt.
    Ihrer „Träumerei“ muss ich jedoch heftig widersprechen. Vor allem der Versuch, alle Verwaltungsbeamte, die nicht selbst unterrichten als unfähig und inkompetent darzustellen, ist Populismus pur und entspricht der Vorgangsweise jenes Experten, der nur schlaue Bücher schreibt. Bis heute hätte ich Ihnen eine solche Vorgangsweise nicht zugetraut! Aber es kommt halt bei der Kundschaft gut an, wenn man auf die Verwaltung einschlägt. Dies ist offensichtlich nun auch ein Motto der Standespolitik geworden.
    Der guten Ordnung halber möchte ich Ihnen noch sagen, dass ich jahrelang neben meiner Tätigkeit als Verwaltungsbeamter unterrichtet habe.
    Mit der Ihnen gebührenden Achtung

    Fritz Koprax

    1. Wer wenn nicht Verwaltungsbeamte hat das neue Dienstrecht der Ministerin C. Schmied umgesetzt?
      Es entwickelt sich ein Zweiklassensystem in den Konferenzzimmern von AHS und BHS, wo JunglehrerInnen nach dem neuen Dienstrecht 20% mehr arbeiten müssen als ihre älteren Kollegen – ironischer Weise gerade in einer Zeit, wo ausgerechnet ein Parteikollege derselben Ministerin von einer 32-Stunden-Woche redet?

      Muss sich da nicht ein/e JunglehrerIn gefrozzelt vorkommen, der / die berufsbegleitend zum Bachelor auch noch den Master machen muss? (Auch so eine Idee, die Ministerin Schmied sicher nicht eigenhändig umgesetzt hat.)

      Der Gipfel der Ironie ist übrigens der letzte Satz im Wiki-Eintrag über C. Schmied:
      „Seit ihrem Ausstieg aus der Politik hält Schmied unter anderem Vorlesungen zum Bildungsmanagement an österreichischen Universitäten ab.“

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