Einer der gravierendsten Gründe für den Vertrauensverlust in politische Parteien bzw. die Politikverdrossenheit an sich ist für mich in der traurigen Tatsache zu finden, dass viele Politiker:innen leider den Bezug zu den Menschen, für die sie sich einsetzen sollen, und den interessierten Blick auf die Realität verloren haben. Man übt sich in Selbstdarstellung und Beschwichtigung, statt sich für Rückmeldungen der Betroffenen zu interessieren und sich an ihnen zu orientieren.
Ein typisches Beispiel für eine derart abgehobene Reaktion ist der Umgang der Politik mit der von der Lehrer:innenvertretung geäußerten und aus meiner Sicht durchaus berechtigten Sorge, dass der Mangel an Lehrpersonen in Österreich durch das Abwandern junger Kolleg:innen nach Bayern zusätzlich verschärft werden wird. Statt sich mit den Gründen für die Abwanderung zu beschäftigen, um Lösungen für das Problem zu finden, versucht man wortreich zu beschwichtigen oder ignoriert die Aussagen der Betroffenen.
Bayern bietet seinen Lehrer:innen unter anderem eine deutlich bessere Bezahlung, eine Umzugspauschale, bietet obendrauf noch eine Regionalprämie. Bayern vertraut seinen Lehrer:innen und bietet ihnen sofortige Pragmatisierung. Im Gegensatz zu Bayern hält man in Österreich junge Lehrer:innen bis zu fünf Jahre hin, bis man ihnen quasi von Gottes Gnaden einen Dauervertrag gewährt. Dass das junge Kolleg:innen, die einen Haushalt begründen wollen und dafür einen Kredit aufnehmen müssen, Bonität kostet und Kolleginnen, die Kinder in die Welt setzen wollen, ganz besonders hart trifft, sollte jeder verstehen, dem die Sorgen der Menschen ein Anliegen sind.
Meine Forderung an die Politik lautet also, den Kopf nicht weiter in den Sand zu stecken, sondern die Augen auf die Betroffenen zu richten und an einer wirklichen Verbesserung der Gehälter und der Arbeitsbedingungen von Lehrer:innen zu arbeiten, statt sich hinter höchst fragwürdigen Werbemaßnahmen zu verstecken.
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Sehr geehrter Herr Weiß!
Mich verwundert, warum sich die Standesvertretung immer auf den finanziellen Aspekt konzentriert. Meines Erachtens wäre es viel wichtiger, die Rahmenbedingungen zu verbessern (Klassengröße, Benotung, disziplinäre Werkzeuge, Image,…) Das würde nicht nur den KollegInnen guttun, sondern auch dem Bildungssystem. So wird den LehrerInnen (und im übrigen auch der Gesellschaft) nur Sand in Form von Geldscheinen in die Augen gestreut! Aber vielleichtist das ja gewollt…
Mit besten Grüßen, Elke Pirkheim